Das südwestlich der Burgruine Reichenau, etwa auf halber Strecke zwischen Ruine und ehemaliger Hofmühle am Fuße des Hofbichls gelegene Gebäude, ist infolge der hier viele Generationen hindurch wohnenden Hof- und Revierjäger der Starhembergschen Herrschaft als Jägerhaus im Volksmund überliefert. Wann und vom wem das Haus im Lüssl am Hofbichl errichtet wurde sowie welche ursprüngliche Funktion dem Gebäude zugedacht war, muss bauarchäologischen Untersuchungen und weiteren Archiv-studien vorbehalten bleiben.
Aber wie kam es dazu, dass der Burgverein 2024 mit den Renovierungsarbeiten startete? Schon lange keimte der Wunsch im Vorstand des Ver-eins, diese leer stehenden Räume eines Tages nutzen zu können.
Ideen wurden aus verschiedenen Gründen immer wieder verworfen, aber ganz ließ sich der Gedanke nicht mehr aus unseren Köpfen vertreiben.
2021 erhielt unser Wunschprojekt einen völlig unerwarteten und in dieser Form nicht erwünschten Schub. Im Juni zog ein Hagelunwetter über Reichenau, neben vielen anderen beschädigten Objekten waren sowohl das Dach des Jägerhauses sowie die Dächer unserer Lagerräume zerstört, und wir wussten nicht wohin mit den Requisiten und Kostümen, die wir retten konnten. In dieser misslichen Lage formten sich unsere „Spinnerein" zu klaren Vorstellungen und zu konkretem Handeln.
Wir nahmen Kontakt zu Georg Adam Starnemberg und der Forstverwaltung auf.
Das Dach des Jägerhauses wurde vom Besitzer erneuert, ein weitläufiger Dachboden mit Lager-möglichkeiten entstand. Etliche Gespräche und viele Überlegungen später konnten wir uns an die Umsetzung unseres Vorhabens wagen. Wie bei vielen Projekten blieb die Finanzierung der entscheidende offene Punkt. Gäbe es LEADER noch nicht, dann müsste man es erfinden. "Diese Initiative der europäischen Union zur Förderung des ländlichen Raumes gewährte uns finanzielle Mittel.
Es blieb nur ein kurzer Zeitraum, um das Vorhaben zu realisieren. Von Juli bis November 2024 wurden die Pläne von Architekt Andreas Henter mit regionalen Firmen und vielen ehrenamtlichen Helfern umgesetzt. Sein Konzept umfasste nicht nur bauliche Maßnahmen im denkmalpflegerischen Sinn, sondern auch Visionen für die Nutzung dieses besonderen Ortes.
Beseelt von dem Gedanken einen Platz für kulturellen Austausch im kleinen Rahmen zu schaffen, fanden wir für das Bauwerk einen neuen Namen.
Das Jederhaus, wie es nun heißt, hat nun nicht nur einen schönen Vorgarten und eine ansprechende Fassade, sondern auch ein besonderes und unverwechselbares Ambiente dahinter
Im Zuge der Sanierung wurde der bestehende Innenputz abgeschlagen und die Steinmauern feigelegt. Bei den Fenstern wurden die Putzfaschen herausgearbeitet und stehen so im Kontrast zur groben Steinmauer. Der Bodenbelag wurde mit einem ca. 20cm breiten Abstand verlegt, der mit Bruchschotter aufgefüllt wurde. um so den bauphysikalischen Anforderungen gerecht zu werden. Die Kastenfenster und die Innentüren wurden in Holz-Natur komplett erneuert.
Die Heimatforscher Günther Baumann und Traudi Eibensteiner sammeln seit Jahren Fotos und Dokumente für die Topothek Reichenau. Ich freu mich ganz besonders auf die erste Präsentation im Jäger(Jeder)haus.
Jetzt gilt es die Räume mit Leben zu füllen und zu einem kleinen feinen Kulturplatz zu entwickeln.
Jede und Jeder ist eingeladen, das Haus für Veranstaltungen im kleinen Rahmen zu nutzen.
Das Gebäude steht nun den Vereinen des Ortes Reichenau im Mühlkreis zur Verfügung. Daher wurde auch bei der Hausbeschriftung darauf Bezug genommen und so sind beide Schriftzüge JÄGERHAUS und JEDERHAUS lesbar.
Auszüge aus:
Tp3 Architekten ZT GmbH (2024). Die Kultur der Reparatur - Das Jägerhaus wird zum Jederhaus (1. Aufl.)